Der schöne
TURM
36,30 Meter hoch ragt er seit 1403 über Erding. Vielleicht wacht der „Schöne Turm“ ja auch über Erding, hält seine schützende Hand über die Herzogstadt, schließlich ist er das dritthöchste Gebäude Erdings. Als letzter, noch erhaltener Torturm des mittelalterlichen, einst mit Mauern und Gräben befestigen Erding, wurde von ihm in Kriegszeiten die Stadt verteidigt. In Friedenszeiten regelte er den Warenverkehr und Zutritt in und aus dem Zentrum heraus.
Museum Erding und Museum Stahl huldigen ihm
Der Ausdruck „Schöner Turm“ ist eine liebevolle Bezeichnung der Erdinger, die Stolz und Respekt zum Ausdruck bringt. Ein Stolz, dem nun auch das Museum Erding mit seiner Sonderausstellung „Unser Schöner Turm“ Rechnung trägt. Bis Ende des Jahres ist wird sie dauern, auch das Museum Stahl hat sich dazugesellt mit der Ausstellung „Mit Pinsel und Palette – unser schöner Turm“. Bis zum 21. Oktober sieht man Zeichnungen und Gemälde, die das Wahrzeichen Erdings als Motiv zeigen und von akademisch geschulten Malern, begabten Hobbykünstlern, Grafikern und Besuchern der Stadt in Zeichnungen, schnellen Skizzen, Aquarellen und Gemälden festgehalten wurde.
Von einigen missbraucht, von vielen bewundert
Kein anderes Erdinger Bauwerk wird so variantenreich dargestellt: Vom Wachtelei über Pralinenschachtel, Sektflasche, Bierkrug und Kaffeetasse bis hin zu Zinntellern, Gedenkmünzen und Postkarten. Er war sogar viele Jahre ein Sonderstempel der Deutschen Post, das Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler bezeichnet ihn als „einen der schönsten Tortürme Südbayerns.“ Seit Ende der 1940er-Jahre wird der Schöne Turm als Logo und auch im Namenszug von vielen Erdinger Gewerbetreibenden geführt. Der Turm war bereits als Kulisse bei „Quax der Bruchpilot“, den „Schwedenspielen“, aber auch als Propagandakulisse im nationalsozialistischen Deutschland involviert. Heute ist der Turm ein Teil des Stadtmarketings. „Jeder von uns hat einen besonderen Bezug zum Schönen Turm. Viele beneiden uns darum“, betont Oberbürgermeister Max Gotz.
Viele Details erkennt man nur beim Durchschreiten
Die Ausstellung ist zugleich Erdings Beitrag zur Ausstellungsreihe in der „Landpartie“, dem Verbund von zehn Museen und Galerien in der Region rund um München. Der Turm ist es wirklich wert, dass man sich Zeit nimmt, ihn genau unter die Lupe zu nehmen. Das letzte von vier Stadttoren birgt viele kleine Details, die erst dann sichtbar werden, wenn man zu Fuß unter ihm, durch die in Ost-West-Richtung gewölbte, 4,80 Meter hohe Tordurchfahrt, hindurch geht. An der stadtauswärtigen Seite sind links und rechts die Laufrinnen für das Fallgitter zu sehen. Die schlanken, 8,50 Meter hohen Ecktürmchen, hatten stets nur optischen Charakter und waren keine Wehrerker oder Pechnasen. Oberhalb der untersten Blendnischen-Reihe erkennt der Aufmerksame auch noch die beiden Schießscharten. Museumsleiter Harald Krause hat mit seinem Team, allen voran Elisabeth Boxberger, über 40 Gemälde, Grafiken und Zeichnungen gesammelt und zur Ausstellung hinzu gefügt, die älteste Ansicht stammt dabei aus dem Jahr 1590. Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt, Stadtarchivar Markus Hiemer ist es zu verdanken, dass der Stadtturm auch fünf Jahre älter geworden ist. „Bisher war seine Erbauung auf 1408 datiert“, so Krause.
Zeitraffer und Kurzfilm
Rolf Böker steuert der Ausstellung mit seinem „Kurzfilm“ ein besonderes Schmankerl bei. Er hat drei Tage lang 5400 Fotos vom gegenüberliegenden Stadtturm geschossen. In einem Zeitraffer dokumentiert er dabei eindrucksvoll, dass täglich 10.500 Autos die Innenstadt frequentieren, dass der Brunnen am Schrannenplatz ein beliebter Treffpunkt ist und der Schöne Turm sowohl Einlass in als auch Auslaß aus der Stadt Erding ist. Der Imagefilm von Thomas Schöberl zeigt sehr anschaulich, wie der Schöne Turm über die Jahrhunderte seine Gestalt verändert hat. „Die Ausstellung spiegelt die Stadtgeschichte wider, der Turm ist ein Moment aus der vergangenen Zeit“, betonte Gotz. Kaum auszudenken, hätte der Antrag in den 60er-Jahren, den Turm abzureißen, Erfolg gehabt. „Um so schöner ist es nun, dieses Wahrzeichen in den Mittelpunkt einer Ausstellung zu rücken!“