„Brot und Spiele hat es schon immer gegeben“
Drei Veranstaltungen sind es im September, jeweils sieben im Oktober und November. Jede Veranstaltung mit einem eigenen Hygienekonzept. Die Stadthalle macht im Bereich Kultur die ersten Schritte in den kulturellen Neustart. Geld verdient wird dabei keines. Die „Rettung“ aus dem finanziellen Shutdown werden für die Stadthalle vor allem Tagungen sein.
Schon seit gut sieben Monaten lähmt die Corona-Pandemie die Event- und Kulturbranche. Veranstaltern, Dienstleistern und Künstlern droht der Kollaps und die Pleitewelle. Die Event- und Veranstaltungsbranche gehörte zu den ersten Wirtschaftszweigen, die in der Corona-Zeit ihre Arbeit einstellen musste. Eine Rückkehr zum „Normalzustand“ wie vor Covid-19 ist nicht in Sicht. Im Gegenteil, viele schreiben das Jahr 2020 bereits als „verloren“ ab, langfristige, verbindliche Planungen sind nicht möglich. Das geht auch Stadthallenchefin Jutta Kistner so, einige Veranstaltungen habe sie bereits fünf Mal verschoben, für die, die mittlerweile stattfinden können, hat sie jeweils ein eigenes Hygienekonzept entwickelt. Eigentlich ist sie ja für „das Schöne“ zuständig, stellten Jahr für Jahr ein abwechslungsreiches Programm für Jung und Alt zusammen, von Kindertheater, Musical, Oper über Schauspiel bis hin zu großen Bällen. Im März brach alles wie ein Kartenhaus zusammen, „da sind wir von einem Tag auf den anderen mit 180 Sachen an die Wand gefahren.“ Aber Kistner gibt nicht auf, auch wenn sie sieht, wie viele ihrer „Kollegen“ ihre Häuser gar nicht erst wieder aufgemacht haben. Denn sie sieht sich in der Verantwortung gegenüber den Künstlern, gegenüber dem Publikum, gegenüber ihren Mitarbeitern, aber auch gegenüber der Kunst und Kultur an sich. Sie moniert, dass „die Hilferufe von uns Veranstaltern verhallen und wir aus dem Blickfeld geraten sind“. Trotzdem müsse sie „an den Markt, damit die Kunden nicht komplett entwöhnt werden“, sich nicht irgendwann das Gefühl breit macht, „es geht ja auch ohne Faschingsveranstaltung“ oder „das Leben geht ja auch ohne Konzertbesuch weiter.“ Kistner verweigert sich dem virtuellen Streamen von Kulturveranstaltungen, da „wir uns da langfristig den Ast absägen auf dem wir sitzen“. Und überhaupt ersetze es ein „live“ Erlebnis in keinster Weise: Soziales Beisammensein, Freunde treffen, sich austauschen, das alles finde „virtuell“ nicht statt und sei doch ein wichtiger und wesentlicher Baustein eines kulturellen Erlebnisses. Es sei ja deutlich zu sehen, dass die Menschen zusammenkommen wollen, „man drängt sie nun in private Feiern.“
Die wirtschaftlichen Verluste sind schwer zu beziffern, „aber unsere Kulturveranstaltungen sind nicht rentabel und rechnen sich in keinster Weise“, so Kistner. Im Vergleich etwa zu kleineren Häusern, sind die Umsatzeinbußen aufgrund der 1,5 Meter Abstandsregel immens. Statt wie bisher den Saal mit 800 Personen seien nun nur bis zu 170 Besucher möglich, im kleinen Saal finden maximal 50 Platz. Hinzu komme ein immenser Maßnahmenkatalog sowie administratorischer Aufwand von für die Veranstaltung „unproduktiver“ Arbeit: Arbeits- und Lebensmittelrecht, Dokumentationsaufgaben, dann auch noch die Mehrwertsteuersenkung, „das i-Tüpfelchen obendrauf, das sich mehr als Sargnagel denn als Hilfe erwiesen hat.“ Die Lüftung und Tonanlage seien sowieso gerade erneuert worden, nun kommen Handscanner zur berührungslosen Ticketkontrolle, die Anschaffung von Varietétischen aber auch eine automatische Zählanlage hinzu. „Wir dürfen Veranstaltungen machen, ja. Der Betrieb kultureller Veranstaltungen ist aber nicht wirtschaftlich“, so Kistner
Positiv sei hingegen das Tagungsgeschäft. Für Stadtrat- oder Kreistagssitzungen oder Firmenveranstaltungen erweise sich die Größe der Stadthalle als optimal. „Hier können Sitzungen oder Meetings corona-conform stattfinden, der Katastrophenschutz oder die Tracing-Abteilung des Gesundheitsamts sei in ihrer Location untergekommen“, so Kistner. Damit hält sie sich über „Wasser“, aber „eigentlich sind wir ja nicht dafür da.“ Sie könne von Glück sagen, dass Stadt und Landkreis ihrer Stadthalle auch finanziell „die Stange“ halten und ihr große Unterstützung zugesagt haben, auch wenn das Defizit größer wird. „Wir werden sehen, was die ersten Schritte in Richtung kulturellem Neustart bringen.“