Die Cremigkeit, die bringt doch keiner der „Großen“ so hin! Und geschmacklich ist unser Senf sowieso a Wucht!!!“. Davon ist Johanna Streibl (42) felsenfest überzeugt. Und jeder, der mal eine der vier Sorten von „Johanna’s“ Senf probiert hat, kann ihr nur zustimmen. Keine Industrie-Massenware, alles, wirklich alles, ist handgemacht – bis hin zum liebevollen Verpacken. Daher gibt’s auch nur kleine Mengen und verkauft wird bislang – noch – in kleinen Läden und Metzgereien in Dorfen, St.Wolfgang und Inning am Holz.
Gastronomie im Blut
„Aufgewachsen bin ich im Grünen Baum in Dorfen und war somit immer mittendrin im kulinarischen Geschehen“, erzählt die sympathische Johanna, während im Hintergrund die alte Küchenmaschine gemütlich und langsam den großen Topf mit der immer dunkler werdenden Senf-Masse durchquirlt. Es riecht herrlich intensiv nach würzigem Sauerbraten – das sind die köchelnden Gewürze im Essig!
Der „Grüne Baum“, das ist eine gastronomische Institution im Ort, seit 1870 im Familienbesitz, bis 2012 Mittelpunkt der Familie Streibl. Gelernt hat Johanna Innenarchitektur, danach arbeitete sie nicht auf Baustellen oder verschönerte die Appartements und Lofts von reichen Münchnern, sondern unterstützte die Familie in der Gastronomie. Zuerst im Service, recht rasch aber, nach einer Ausbildung in der Hotelfachschule, in der Küche. „Schon damals begann ich, noch in ganz kleinen Mengen, selbst Senf zu machen. Den echten, den bairischen, süßen, der war’s! Irgendwo in einem alten Kochbuch habe ich ein Rezept gefunden, damit habe ich begonnen auszuprobieren.“ Den Gästen im Grünen Baum hat er geschmeckt, der Senf, der damals noch gar keinen Namen hatte, außer „Hausmacher Senf“.
Seit 2012 ist die Gaststätte verpachtet, Johanna zog mit ihrem Partner Heinz in ein schmuckes Haus. Unten im Keller haben sie sich eine große, geflieste Küche eingerichtet, da wollte der Heinz, der Hobby-Jäger ist, eigentlich seine Beute ausnehmen und verarbeiten. „Bisher hat er noch kein Tier hier zerlegt, da bot sich der Raum für mich als Küche doch an“, grinst Johanna. „Irgendwann hat er schon Jagdglück, dann kann er natürlich auch in die Küche!“ Mit dem Gesundheitsamt gab es nie Probleme, die Streibls hatten immer schon einen Catering-Service, daher weiß sie, worauf es in puncto Hygiene ankommt.
Vier Sorten: Bayerisch, Honig-, Bier-, Grillsenf
Die Leidenschaft zum Kochen ließ sie nicht los. Immer wieder fragten sie Freunde und ehemalige Gäste nach dem Senf, den sie im Wirtshaus schon hergestellt hatte. Den gab es dort nicht nur zur Weißwurst, sondern der wurde vor allem in den Gerichten mit verkocht. „Vor vier Jahren habe ich daher begonnen, hier meinen Senf zu machen. Mittlerweile sind es vier Sorten und sechs Verkaufsstellen – es entwickelt sich also so langsam. Vor allem zu Weihnachten, da kommen die Mama und ich kaum nach, die vielen Bestellungen abzuarbeiten“, sagt Johanna, Mama Helga nickt energisch. In drei Monaten ist es so weit, dann beginnt die Weihnachts-Produktion schon wieder.
Sehr viel Varianten möglich – aber immer genug Zeit zum Mauken
Eigentlich ist Senf einfach herzustellen: Senfmehl, Essig, Zucker und Gewürze. „Bei den Senfmehlen gibt es so viele verschiedene, helle und dunkle, grobe und feine – jedes Jahr eine andere Qualität und Schärfe. Ich bekomme mein Senfmehl, das immer in Deutschland angebaut wurde, vom Erdinger Lebensmittel-Großhändler Ruland.“ Sie als ganz kleine Senf-Manufaktur fühlt sich da perfekt beraten und behandelt.Weiter geht es mit dem Essig: hell oder dunkel, aus Obst oder Wein, wie viel Säure, mit oder ohne Gewürze? „Bei den Gewürzen sage ich nur so viel, dass Zwiebeln, Lorbeer, Nelken und Piment dabei sind und die werden gemeinsam mit Zucker lange im Essig weich geköchelt“, verrät die Köchin. Nach einer festen Zeit kommen die Gewürze raus und in den klaren Sud kommt das Senfmehl – und nun heißt es rühren. Lange rühren! Das Mehl ist am Anfang ganz hell – verändert sich aber im Laufe der Minuten und wird immer dunkler. „Bei mir ist kein Farbstoff oder Zuckercouleur drin, das ist alles ganz natürlich!“
Also gibt es beim „einfachen“ Senf schon bei Rohstoffen eine große Bandbreite an Möglichkeiten, nun kommt auch noch die Dauer des Rührens, denn dadurch wird der Senf immer cremiger. „Ganz frisch schmeckt er auch gar nicht, da ist er selbst mir viel zu scharf. Der muss erst im Glas mindestens zwei Monate mauken – das ist ihr Ausdruck für das Reifen – dann ist er so richtig gschmackig! Er wird milder, aber erhält sein volles Aroma.“ Spätestens im September müssen sie daher mit dem Senf für Weihnachten anfangen, damit der dann zum Fest perfekt schmeckt.
Das Ergebnis muss immer perfekt sein
Johanna stellt aber nicht nur ihren süßen „Bayerischen Senf“ her, es gibt ihn auch noch in den Varianten „Honig-Senf-Dip“, „Biersenf“ und „Grillsenf“. Der Honig stammt von einem befreundeten Imker aus Dorfen, den Honig-Senf empfiehlt Johanna als perfekte Ergänzung zum Käse. Das Bier stammt von ihrer Bekannten, der Babsi, der Chefin vom „Bräu z’Loh“. Da hat sie auch ganz schön lange herumprobiert: Welches Bier, hell oder dunkel, Weißbier oder Pils, das Bier warm oder kalt in die Senfmasse? „Da haben wir, also die ganze Familie, schon einiges probieren müssen!“ Ebenso beim Grillsenf, wo sie keine typische Barbecue-Ketchup-Soße machen wollte, sondern eben eine Kreation à la Johanna. Und auch der ist ihr mit ein wenig Schärfe und Tomaten exzellent gelungen. „Wenn ich etwas verkaufe, dann muss es perfekt sein und nicht gerade so schmecken!“
Ein bis zwei Mal im Monat „kocht“ sie ihren Senf. An einem Tag sind das dann drei Mal zehn Kilo Senf-Masse. Die werden dann noch heiß mit Plastikmessbechern in die ausgespülten Gläser – 125, 225 oder 330 ml – gefüllt, Deckel drauf und ab ins Regal. Zum Mauken!
Das besondere Geschenk aus Dorfen
Abends klebt sie dann die Etiketten – gedruckt natürlich auch in Dorfen beim Präbst Druck – Stück für Stück einzeln auf die Gläser. Der Schriftzug „Johanna’s“ war ihre eigene Idee. Beim Bekleben hilft oft die ganze Familie zusammen, wenn sie sich regelmäßig zum großen Familienessen treffen. Im gesamten Jahr sind es so rund 3500 Gläser von „Johanna’s Senf“, Tendenz stark steigend. Ein Jahr geben sie als MHD, aber eigentlich kann Senf nicht schlecht werden oder umkippen, er wird eben nur immer milder. „Die Gläser, die wir in den Metzgereien Widl und Feckl, der Kramerei am Kreisel und der Bäckerei Kern in Dorfen sowie beim Sonnendorfer Hofladen in Inning am Holz, der Metzgerei Wimmer in Sankt Wolfgang oder dem Vilstaler Bauernmarkt in Moosen verkaufen, stellen wir dort in Kartons auf. Doch immer mehr Kunden wünschen sich unseren Senf als Geschenkverpackung“, berichtet Johanna. Als Einzel- oder Dreierpack, auf einem Nussbaum-, Kirsch- oder Ahornbrettchen stehend (natürlich Echtholz von der befreundeten Schreinerei Hundschell) gibt es die Gläser zu kaufen. Alle liebevoll in Zellofan eingepackt. „Das ist eine Menge Arbeit, da sind wir voll gefordert an vielen Abenden“, lacht Mutter Helga, die sowieso die helfende Hand im Hintergrund bei allen Tätigkeiten ist.
Langsames Wachstum im Landkreis
„Immer wieder werde ich gefragt, ob wir nicht Bio-Senf machen könnten. Aber das ist gar nicht so einfach, denn es gibt nicht viel Bio-Senfmehl, und dann geht es ja weiter mit den zertifizierten Bio-Gewürzen, Bio-Zucker. Bio-Honig. Da sind wir dran, aber das ist schwierig!
In der Dorfener Gastronomie gibt es Johannas Senf noch nicht, auch einen Internet-Webshop oder Hausverkauf hat sie nicht. Mit einer befreundeten Grafikerin wurden die Etiketten entworfen und ein paar Großflächenplakate produziert, die sie quer durch Dorfen aufgehängt hat. „Ich will ja langsam wachsen, nur im Landkreis ein bisschen bekannter werden!“ Dazu zählt auch, dass sie eine der Lieferanten ist, die für die „Genussregion Oberes Isental“, einer Aktion des Bayerischen Landwirtschaftsministeriums, ausgewählt wurde.
Johannas Tipp: Statt Zucker einen Löffel Senf ins Salatdressing geben, kräftig verrühren! „Einfach guad -mehr brauchts net!“